Gefängnis, aber früher
FB Geschichte Exkursion der 10/4 in die Gedenkstätte Lindenstraße
Geschrieben am 28.02.2024
Am 19.01.2024 besuchten wir, die Klasse 10/4, im Rahmen des Geschichtsunterrichts die Gedenkstätte Lindenstraße in Potsdam. An diesem geschichtsträchtigen Ort befand sich einst eines der härtesten Gefängnisse der DDR. Im Jahre 1737 erbaut, diente das Haus in der Lindenstraße 54/55 immer wieder verschiedenen Regierungen und Besatzungsmächten als Ort der Unterdrückung und Gefangenschaft. Heute erinnert die Gedenkstätte an die politische Verfolgung in den beiden deutschen Diktaturen.
Das Gefängnis
Unsere Klasse wurde in zwei Gruppen durch die Anlage des ehemaligen Gefängnisses geführt. In Begleitung eines Guides erfuhren wir viele wertvolle Informationen über das Schicksal einzelner Häftlinge sowie über die grausamen Geschehnisse, welche die Insassen einst erleben mussten. An den überwiegend kahlen Wänden findet man Biografien, Karten und Bildern, welche über die Zustände informieren und das Grauen noch greifbarer machen.
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde das Haus als Untersuchungsgefängnis für politische Häftlinge und als Erbgesundheitsgericht genutzt. Nach dem Krieg übernahm es der sowjetische Geheimdienst NKWD und übergab es später an die Staatssicherheit der DDR.
Besonders die Zustände in den Zellen erschreckten uns Schüler. Die Gefangenen, welche in der Nachkriegszeit meist wegen kleinster Verstöße gegen die sowjetische Besatzungsideologie inhaftiert wurden, verbrachten ihre Haft in unmenschlichen Verhältnissen. Ziel der Untersuchungshaft war es, durch menschenverachtende Haftbedingungen Geständnisse zu bewirken. Hierzu wurden die ungeheizten Zellen massiv überbelegt. Die durch Mangelernährung geschwächten Häftlinge erhielten keinerlei medizinische Versorgung. Als Folge der Haftbedingungen kam es zu einer Vielzahl von Todesfällen. Freisprüche kamen nur in seltenen Ausnahmen vor.
Mit Übernahme des Gefängnisses durch die Staatssicherheit wurde das Gebäude für die Öffentlichkeit unkenntlich gemacht. Durch einen hohen Zaun sollte der Bevölkerung unmöglich gemacht werden, sich ein Bild von den Ereignissen im Gefängnis zu verschaffen.
Zeitzeugengespräch
Das Beeindruckendste der Exkursion war für viele das Zeitzeugengespräch mit Frau Radewahn, welche im Jahr 1984 versuchte aus der DDR zu flüchten. Bei ihrem Fluchtversuch, welchen sie über mehrere Monate zusammen mit zwei Freunden plante, wurde sie beim Überqueren der Donau in Rumänien von einem Grenzsoldaten festgenommen. Im Zuge dessen ist sie wegen Republikflucht verklagt worden. Ihre Strafe saß sie in verschiedenen Strafanstalten, wovon eine die Lindenstraße 54/55 war, ab. Dort erlebte sie traumatische Erlebnisse, welche sie alle mit uns teilte, damit wir als Schüler die damalige Zeit besser verstehen konnten. Sie beantwortete uns jede noch so private Frage. Durch ihre offene Art waren alle beeindruckt, und wir haben gemerkt, dass diese Art von Geschichtsunterricht eine klare Bereicherung ist. Sie beendete das Gespräch mit dem Zitat: „Schätzt vor allem Gesundheit und Freiheit, mit ihnen könnt ihr alles erreichen. Letztere war nicht immer selbstverständlich.“
Dieser Tag hat sich als sehr gewinnbringend herausgestellt. Jeder Schüler hat etwas von dieser Exkursion mitgenommen und besitzt nun ein bedeutendes „Stück“ der doppelten deutschen Geschichte in seinem Gedächtnis. Wir können euch dringendst empfehlen, diesen Ort einmal zu besuchen.
Noemi K., Lorenz K. und Jesper S.